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Der Termin hätte passender nicht gewählt sein können. Just an dem Tag, an dem die Diskussion ("Alles super im Block?!") stattfand, waren morgens die Poller gesetzt worden: die sogenannten Diagonalsperren, die verhindern sollen, dass man durch die Augustenstraße mit dem Auto der Länge nach durchbrausen kann. Davon berichtete Kontext-Gründer Josef-Otto Freudenreich zu Beginn: "Sind Sie schon beschimpft worden?", hatte er die Bauarbeiter gefragt. "Nein", lautete die Antwort, "die Stuttgarter sind friedliche Leute." Offenbar hatten die Wahlplakate der CDU ("Stuttgart, lass dir das Auto nicht verbieten") hier noch keine Wirkung entfaltet, während in den sozialen Netzwerken schon einige ihren Unmut abgelassen hatten. Kommentare wie: "Die haben doch eine Macke" oder "absoluter Unfug" waren hier zu lesen.

Im Merlin war davon wenig bis nichts zu spüren. Stattdessen hohe Aufmerksamkeit, manchmal Begeisterung, jedenfalls innere Anteilnahme beim Publikum, das der Diskussion auf dem Podium folgte und sich am Schluss engagiert zu Wort meldete.

"Was soll dabei rauskommen?" fragte Moderator Stefan Siller einleitend. "Es geht um eine Aufwertung des öffentlichen Raums", erläuterte Annette Loers, die Geschäftsführerin des Merlin, das sich als Anlaufstelle für die Initiativen im Quartier versteht. Loers ist so etwas wie die gute Seele des Viertels. Ihr zur Seite Baubürgermeister Peter Pätzold und die IBA-Projektleiterin Raquel Jaureguízar sowie Architekt Martin Schick, den Siller eigentlich für den wichtigsten hielt: ein Anwohner, der sich auch kritisch äußert. "Der Schick ist neutral", hielten ihm manche vor, schränkte der Architekt selbst ein. Gemeint war: Er will nicht das Sprachrohr der Unzufriedenen sein. Aber deren Stimmen zu hören, hält er für wichtig.

Zu denen, die sich aufregen, gehört ein Kioskbesitzer, den Siller aufgesucht hat. Ihm wurde eine hölzerne Sitzecke vor den Laden gesetzt, über die er sich ja auch hätte freuen können. Aber er wurde nicht gefragt. "Sie kriegen die Prügel ab", wandte sich Siller an den Baubürgermeister. Der blieb gelassen: "Das gehört zu meiner Jobbeschreibung." Er verwies auf den Shared Space in der Tübinger Straße: Dort hätten Einzelhändler ebenfalls so getan, als gehe die Welt zugrunde. "Das Gegenteil war der Fall", konstatierte Pätzold: Ihre Umsätze stiegen. Sein Dank galt der Superblock-Initiative: "Die Leute müssen es selbst wollen."

Raquel Jaureguízar wollte sich auf Diskussionen, was vielleicht auch in Barcelona, wo das Konzept der Superblocks entwickelt und zuerst umgesetzt wurde, nicht ganz optimal gelaufen sei, gar nicht einlassen. Sie wollte nicht über schwäbische Bedenken, über Verluste, Verzichte und Verbote reden, stattdessen den Bürgerinnen und Bürgern sagen, dass hier "Großartiges" entsteht. Nach dem Motto: Think big. In Barcelona sei es um eine Strategie für die ganze Stadt gegangen. "Wir reden von Klimazielen", erinnerte die Architektin an den Ausgangspunkt des Projekts: "Die Zukunft freut sich auf diese Lösungen."