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Es gibt zwei Fassungen des Spielfilms "Mädchen in Uniform" über ein elitäres Mädcheninternat. Eine aus dem Jahr 1931, eine zweite von 1958 mit Romy Schneider in der Hauptrolle. Der Film wird oft genannt als wichtiges Schlüsselmoment von älteren frauenliebenden Frauen. Denn sie wuchsen noch in Zeiten auf, in denen es keine Worte gab für die eigenen Gefühle, geschweige denn Vorbilder in der Öffentlichkeit. Und weil diese Frauen von damals kaum Zeugnisse hinterlassen haben, weiß man heute so wenig über ihr Leben.

Doch zumindest für Baden-Württemberg ändert sich das gerade mit einem großangelegten Forschungsprojekt, das in dieser Form deutschlandweit einzigartig ist. In einer ersten Phase des Projekts hat der dafür zuständige Forschungsverbund der Universitäten Heidelberg und Freiburg lesbische Lebenswelten in den Jahren 1920 bis 1950 untersucht. In einer zweiten Phase dehnen die Forschenden den Zeitraum nun bis in die 1980er-Jahre aus.

Das Projekt ist in drei Teilprojekte unterteilt und die Erkenntnisse wollen Muriel Lorenz, Elena Mayeres und Steff Kunz in drei Doktorarbeiten zusammentragen. Zum einen zu Akteurinnen, Netzwerken und Kommunikationsräumen. Aber auch zur Frage, wie gesellschaftliche Debatten und Gesetze queer-lesbisches Leben normiert haben. Und wie die medizinisch-psychiatrische-wissenschaftliche Perspektive auf lesbische Frauen aussah und auf sie einwirkte.

Der Nationalsozialismus als Bruch und Zäsur


In der ersten Projektphase wurde die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus untersucht. Während des NS gab es in Deutschland keine Gesetze, die lesbische Frauen aktiv verfolgt haben – im Gegensatz zu schwulen Männern. Trotzdem waren sie zahlreichen Repressionen ausgesetzt. Frauenliebende Frauen wurden aufgrund ihrer jüdischen Herkunft, als Sintezza oder Romnja, als Asoziale oder als Menschen mit Behinderung verfolgt und ermordet. Dass sie juristisch nicht verfolgt wurden, lag nur daran, dass sie als Frauen ohnehin einen so engen Handlungsspielraum besaßen, dass es die Mehrheit der Rechtsgelehrten als nicht notwendig befand, ihre Rechte noch weiter einzuschränken.