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Wie sollten Großprojekte am besten angegangen werden? Projekte, die das Gesicht von Städten, die ganze regionale Verkehrsinfrastrukturen umkrempeln können? Mit Bürgerbeteiligung, möglichst vielen gesellschaftlichen Akteure, ergebnisoffenen Entscheidungsprozessen, mit, wenn man denn Habermas zitieren will, deliberativen Verfahren? All das sollte es, so vor 30 Jahren die Devise, eben gerade nicht geben. Das war ja der Witz. "Die Art der Präsentation im April 1994 war ein überfallartiger Vorgang. Gegner und Skeptiker sind nicht im Stande gewesen, die Sache zu zerreden. Ein Musterbeispiel, wie man solche Großprojekte vorstellen muss", erinnerte sich Heinz Dürr, damals Chef der Deutschen Bahn AG, im Februar 1995 gegenüber den "Stuttgarter Nachrichten" an die Präsentation der Projektidee Stuttgart 21.

An besagtem "Überfall" beteiligt sind am 18. April 1994 neben Dürr der Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann, Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel, Landesverkehrsminister Hermann Schaufler und der Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel. Als "Jahrhundertchance" preisen die fünf Schwaben mit CDU-Parteibuch den Plan, den bestehenden Kopfbahnhof in einen um 90 Grad gedrehten, unterirdischen Durchgangsbahnhof zu verwandeln und über kilometerlange Tunnel eine schnellere Anbindung an den Flughafen und eine ebenfalls geplante Neubaustrecke nach Ulm zu schaffen. Auf den 120 Hektar Gleisfeld, die dadurch frei würden, werde ein neues Stadtviertel entstehen, der Verkauf dieser Grundstücke soll das Projekt finanzieren. Es koste die Stadt praktisch nichts, verspricht Rommel damals.