Zum Inhalt der Seite gehen


Ende März 2019, als die Schulstreiks fürs Klima regelmäßig Abertausende Jugendliche auf den Straßen versammelten, traf der damals 70-jährige baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vier Vertreter*innen von Fridays for Future in seiner Amtsvilla. Die Aktivist*innen forderten eine Verpflichtung auf das 1,5-Grad-Ziel. Der erfahrene Politiker erklärte ihnen sinngemäß: So leicht geht das alles nicht. Am Ende fühlten sich die Fridays wohl nicht mit- und nicht ernst genommen. Und auch Kretschmann war nicht zufrieden. Zu "oberlehrerhaft" habe er sich verhalten, sagte er später selbstkritisch.

Natürlich hat sich seit den großen Klimastreiks etwas bewegt. Aber zu oft wird von denen, die das als "too little too late" kritisieren, gefordert, sie mögen die erzielten Kompromissergebnisse doch nun bitte als das Bestmögliche freudig beklatschen. So steht das Treffen zwischen Winfried Kretschmann und den Fridays-Aktivist*innen vielleicht sinnbildlich dafür, wie junge Menschen, die sich politisch engagieren, auf ein politisches System und seine Politiker*innen treffen, die dessen Zwänge längst akzeptiert haben: hier die Jungen, da die Alten; hier die Schüler*innen, da der Lehrer – hier die Unzufriedenen, da die Mächtigen.



Du interessierst dich für Journalismus, brennst für Politik und Gesellschaft nicht nur in Stuttgart und hast schon journalistische Erfahrung? Dann bewirb dich bei uns.


"Fahrradhelme statt Aluhüte!" steht auf einem Transparent. Es hängt an einem Kleinlaster, der bestückt ist mit Lautsprechern. Dahinter setzt sich ein Pulk aus Radfahrer:innen in Bewegung. Am Samstagnachmittag geht es von Tübingen nach Rottenburg bei der Fahrraddemo gegen den Kopp-Verlag. Der hat seinen Sitz ebendort, wurde vor 30 Jahren gegründet und verlegt ein Sammelsurium fragwürdiger Publikationen mit deutlichem Rechtseinschlag. Ziel der Aktion ist es, den gefährlichen Unfug, der in Rottenburg seelenruhig und mit großem Erfolg produziert wird, ins Bewusstsein zu rücken und Widerstand zu wecken – denn der fehlt, vor allem seitens der Stadt Rottenburg.

Organisiert wurde die Demo von "Stoppt Kopp", einer Tübinger Initiative, auch Rottenburger:innen sind an Bord. 42 Gruppen aus Tübingen, Reutlingen und Umgebung haben im Vorfeld einen Aufruf gegen Kopp unterschrieben – darunter die Grünen, die Linke, Fridays for Future, die GEW, die DGB-Jugend, Menschenrechtsorganisationen, Kulturvereine, Wohnprojekte. Rund 100 Radler:innen sind es, die am Samstag gegen 14.30 Uhr in der Tübinger Karlstraße anrollen, eine Stunde später in Rottenburg ankommen. Polizeiaufgebot begleitet die Demonstration.

Stationen in Rottenburg sind der Platz vor der städtischen Zehntscheuer, das Kopp-Verlagsgebäude, zuletzt der Marktplatz der Stadt. Die Demonstrant:innen begegnen Bürger:innen, die ihr Anliegen unterstützten, erleben aber auch Anfeindungen. Vor dem Verlagsgebäude treffen sie Mitarbeiter:innen von Kopp an, zu Gesprächen kommt es dort nicht. "Wir haben keinen Kontakt gesucht, wir wollen keinen Austausch mit dem Verlag", sagt ein Sprecher der Demonstrant:innen. "Wir wollen kritische Aufmerksamkeit auf den Verlag lenken und ein Protestangebot schaffen."

Vom Polizisten zum Verleger


Jochen Kopp war Polizist, ehe er in Rottenburg seinen Verlag gründete. Die Geschichte des Kopp-Verlags lässt sich lesen als eine mittelständische Erfolgsgeschichte und nahezu analog als Geschichte der zunehmenden Verbreitung nebulöser esoterischer Vorstellungen und Verschwörungstheorien, die sich um eine Abgrenzung nach rechts gar nicht mehr bemühen.



So aufgeräumt war die Südwest-CDU lange nicht. Landes- und Fraktionschef Manuel Hagel wird bejubelt beim Parteitag in Ludwigsburg, Erfolge bei der Kommunal- und Europawahl sind fest eingeplant. Dass ein inhaltlicher Kompass in vielen Fragen fehlt, tut nichts zur Sache.


Das Kontext-Editorial feiert den Ausbruch der 8b in der Schulpause, das tazlab in Berlin und die Correctiv-Lokalkonferenz in Erfurt.


Hat etwas länger gedauert als erwartet – ein Satz, der im Zusammenhang mit Stuttgart 21 nicht gerade Seltenheitswert hat. Dass ganze sieben Monate seit dem dritten Verhandlungstag vergehen sollten, bis das Verwaltungsgericht Stuttgart in Sachen S-21-Mehrkostenklage am vergangenen Dienstag, 23. April, wieder zusammenkam, war aber doch erstaunlich und auch vom Gericht nicht so gewollt. Zweimal wurde der vierte Verhandlungstermin verschoben, "aus Gründen, die nicht nur an uns lagen", wie der Vorsitzende Richter Wolfgang Kern sagt, weiter ins Detail geht er nicht.

Seit Dezember 2016 klagt die Deutsche Bahn AG gegen ihre vier S-21-Projektpartner Land Baden-Württemberg, Stadt Stuttgart, Regionalverband Stuttgart und Flughafen Stuttgart, damit diese sich an den Mehrkosten von Stuttgart 21 beteiligen, die über die im Finanzierungsvertrag geregelten Summen hinausgehen. Denn diese bei Großprojekten nicht ganz unwesentliche Frage regelt der Vertrag leider nicht, zumindest nicht explizit. Seit Mai 2023 wird vor der 13. Kammer des Stuttgarter Verwaltungsgerichts verhandelt. Und seit der letzten Sitzung im September hat sich in Sachen Stuttgart 21 einiges getan.

Im Dezember 2023 sickerte nach und nach durch – nicht sehr überraschend –, dass die Bahn den für Ende 2025 geplanten Eröffnungstermin für den neuen Tiefbahnhof nicht wird halten können. Entweder die Eröffnung wird nur teilweise oder gleich komplett nach hinten verschoben – welche Variante es letztendlich wird, darüber wollen die DB und ihre Projektpartner noch sprechen. Und der Aufsichtsrat der Bahn verkündete im Dezember eine weitere Kostensteigerung: Nach bislang rund 9,8 Milliarden Euro rechne man nun mit einem "Gesamtfinanzierungsrahmen" von 11,453 Milliarden für das Projekt. Auch keine Überraschung.



Die Zeiten stehen auf Arbeitszeitverkürzung. Die GDL hat für Lokführer:innen die 35-Stunden-Woche eingeleitet, Verdi für kommunale Busfahrer:innen in Baden-Württemberg die 37,5-Stunden-Woche. Die Idee, mehr Zeit fürs Privatleben zu haben, ist einerseits populär, andererseits stets schwerst umkämpft. In der jüngeren Geschichte ist vor allem der Kampf um die 35-Stunden-Woche in der Metallindustrie in die Erinnerung eingegangen. Vor 40 Jahren wurde gut sechs Wochen lang für die Arbeitszeitverkürzung gestreikt. Dass nicht nur Metaller:innen die Arbeit niederlegten, sondern auch Drucker:innen, wird oft vergessen. Dabei haben sie noch länger – 13 Wochen – die Arbeit verweigert.

Uwe Kreft war damals Jungarbeiter. 1979 ging er in die Lehre zum Schriftsetzer. "Ich habe noch in Blei gelernt", erzählt er – obwohl das auch damals nicht mehr zur Anwendung kam. Bei der J.F. Bofinger KG, die den Gränzboten in Tuttlingen produzierte, einen Ableger der "Schwäbischen Zeitung", schaffte er als Drucker. Rund 100 Kolleg:innen arbeiteten in der Redaktion, Rotation, Druck, Versand. Wie fast alle im Betrieb war er Gewerkschaftsmitglied, damals noch in der IG Druck und Papier (die später in der IG Medien aufging und noch später in Verdi). "Bei der Einstellung wurde einem auch die Eintrittserklärung für die Gewerkschaft zugeschoben." Außerdem war Krefts Mutter im selben Betrieb Betriebsrätin, also hieß es ab 12. April 1984: Raus vors Tor! Streik.



Neulich war ich als Kilometerfresser unterwegs, was nach zwei Tagen in der ekligen Aprilkälte mit dem lebensrettenden Verzehr Grüner Soße endete. In einer Kneipe, die den Namen des Schriftstellers und Satirikers Eckhard Henscheid trägt. Eine solche Auszeichnung muss sich erst mal einer verdienen, der noch am Leben ist.

Die Grüne Soße schlürfte ich in Frankfurt am Main, einer Stadt, der die Schriftstellerin Eva Demski das Prädikat "Weltkaff" verliehen hat. Tatsächlich gibt es weltweit keine andere so ländlich eingehüllte Stadt, die mit richtigen Hochhäusern, einer Selfie-tauglichen Skyline und einer nicht ganz unauffälligen Europäischen Zentralbank (EZB) aufwarten kann. Aber lassen wir die Kirche im Dorf. Und den Kapitalismus sowieso.

Frankfurts Grün reduziert sich im Übrigen keinesfalls auf fragwürdige Kräutertunke. In dieser Stadt sprießt und wuchert es, und einen Fluss mit fußgängerfreundlichen Ufern haben sie dort auch. Der Strand liegt nicht unterm Pflaster.

Soll jetzt keiner denken, ich wollte hier die urbanen Qualitäten Frankfurts und seiner Sehenswürdigkeiten beurteilen. Gott bewahre, im Namen der Architektur. Ich warne vielmehr vor dem Irrglauben, der Spaziergänger sei ein Touristenführer, um den werten Leserinnen und Lesern Routen zum Hinterherwatscheln vorzuschlagen, als wären sie Graugänse. Und man hüte sich vor Leuten, die meinen, das Zufußgehen habe den Sinn, die Stadtlandschaft zu prüfen, ob man zum Wohl der eigenen Weltbedeutung ein Gebäude versetzen oder eine Autobahnkurve begradigen muss. Dieses Koordinatendenken von wichtigtuerischen Technokraten zur Vermessung ihres Globus würde mein Gehergehirn überfordern. Auch betrachte ich meinen fragwürdigen Privatgeschmack nicht als Maßstab für die Welt und deren Käffer. Zur Abwehr aller Alleswisser empfehle ich einen Song meines Lieblingsmusikanten Chip Taylor: "Fuck All The Perfect People".

Keine kopflose Leibesübung


In einer Stadt herumzugehen bedeutet: draußen sein. Den Körper bewegen. Beinarbeit ohne Arbeitseifer leisten. Augen und Ohren öffnen. Atmen. Sehen. Die Politik des öffentlichen Raums verstehen. Sein Recht auf Stadt begreifen. Die Straßenenergie des Widerstands spüren. Wer geht, schweift ab: Hat womöglich etwas mit Leben zu tun. Und als Gedankenspringer hast du mehr von diesem Leben.

Die Kilometerfresserei erwähnte ich eingangs, weil ich in Begleitung eines alten Freundes an zwei Tagen mehr als dreißig Kilometer durch die Stadt zog. Die längste Pause zwischendurch wurde mir am Bornheimer Hang gewährt: mit einer 1:3 Niederlage der gottverdammten Stuttgarter Kickers beim FSV Frankfurt. Solche Erlebnisse lassen sich mit etwas Klassenbewusstsein als ein politisches Kapitel Lebenserfahrung wegstecken. In deinem viertklassigen Dasein auf dieser Welt gibt es nicht nur Siege, so wahr die EZB kein Wohlfahrtsheim ist.

Der erwähnte Freund heißt Stefan Geyer, ich kenne ihn, seit wir zum ersten Mal die Beatles im Radio hörten. Noch heute muss dieser Kerl "The Long And Winding Road" im Kopf oder meinetwegen in den Zehen haben. Hartnäckig zieht er seit Jahren mit so sensiblen Sensoren durch die Stadt, dass in diesem Mai sein Buch "Der Stadtwanderer" herauskommen wird. Gehen ist kein Wadenmuskelding. Deshalb will ich diese ganz und gar nicht kopflose Leibesübung heute wieder allen ans Herz legen, deren Pumpe und Gehwerkzeuge noch intakt sind. So langsam komme ich auf meiner finalen Strecke zu der Erkenntnis, dass einige von uns neben dem Internet ein Auffangnetz brauchen, in dem menschliches Fleisch und Blut noch halbwegs zu spüren sind. Das Straßennetz der Stadt gehört weltweit keineswegs den Autos, außer im Fern-der-Welt-Kaff Stuttgart. Doch selbst hier sind trotz der Fahrtwinde gute Fußreisen möglich, falls man sein E-Bike von Ferrari mal stehen lässt.

Damit appelliere ich an alle, die gehen können, das Unterwegssein zu Fuß als eine Art mentale Schulung zu betrachten. Motion und Emotion. Kapiert? Bewegen, schlendern, das Resthirn anfeuchten an der Hanns Guck-in-die Luft – das kommt vielen Dingen zugute. Womöglich könnten die zeitweilige Abkehr vom Bildschirm und die Hinwendung zur Realität sogar die Sicht auf die herrschenden Wahlkämpfe aufhellen. Vielleicht sind hier und da unter den Partei-Maschinen noch Menschen zu identifizieren. Dieser Gedanke hat nichts mit Gefühlsduselei zu tun. Er reduziert den Drang zur politischen Kapitulation im Angesicht der ganzen Soße – egal, welcher Farbe.

Nicht mehr wegsehen können


In Lauren Elkins Buch "Flâneuse", das ich erst noch richtig lesen muss, findet sich der Satz: "Wenn man sehen lernt, bedeutet das auch, dass man nicht mehr wegsehen kann." Bin mir nicht sicher, ob ich es je so gut gelernt habe. Zumindest übersehe ich auf dem Weg zur ehemaligen Großmarkthalle im Frankfurter Ostend, von wo aus Jüdinnen und Juden in die Vernichtungslager der Nazis deportiert wurden, nicht die Zitate von Zeitzeug:innen auf den Steinplatten. Wie dieses von Lilo Günzler: "Ich wollte mitlaufen, aber ein SS-Mann ließ an einer Absperrung keinen Angehörigen durch. Bis zu mir konnte ich die lauten, schrillen Befehle hören, die ein uniformierter Mann brüllte. 'Alles stehenbleiben. Mit dem Gesicht zum Zug. Immer 60 Personen in einen Wagen einsteigen'."

Die ehemalige Großmarkthalle ist heute Erinnerungsort und Teil des EZB-Ensembles. Den Zusammenhang von Sehen und Nicht-Wegsehen sieht der geübte Herumgeher überall. So gesehen ist die eigene Stadt für den Spaziergänger oft nichts anderes als ein Vehikel, ihm behilflich, sich ein Weltbild zusammenzufügen. Gleichgültig, in welche Weltstadt oder welches Kaff er sich verirrt. Wer in Brooklyn wirklich etwas sieht, schweift nicht arrogant durch Bempflingen. Und wer zu den Orten der Juden-Deportationen geht, an die ehemalige Frankfurter Großmarkthalle oder zum Stuttgarter Nordbahnhof, der sieht, wo der Geist der uniformierten Befehlsbrüller in unserer Gegenwart weiterlebt. In der braunen Soße, im großen Sumpf.



Der Termin hätte passender nicht gewählt sein können. Just an dem Tag, an dem die Diskussion ("Alles super im Block?!") stattfand, waren morgens die Poller gesetzt worden: die sogenannten Diagonalsperren, die verhindern sollen, dass man durch die Augustenstraße mit dem Auto der Länge nach durchbrausen kann. Davon berichtete Kontext-Gründer Josef-Otto Freudenreich zu Beginn: "Sind Sie schon beschimpft worden?", hatte er die Bauarbeiter gefragt. "Nein", lautete die Antwort, "die Stuttgarter sind friedliche Leute." Offenbar hatten die Wahlplakate der CDU ("Stuttgart, lass dir das Auto nicht verbieten") hier noch keine Wirkung entfaltet, während in den sozialen Netzwerken schon einige ihren Unmut abgelassen hatten. Kommentare wie: "Die haben doch eine Macke" oder "absoluter Unfug" waren hier zu lesen.

Im Merlin war davon wenig bis nichts zu spüren. Stattdessen hohe Aufmerksamkeit, manchmal Begeisterung, jedenfalls innere Anteilnahme beim Publikum, das der Diskussion auf dem Podium folgte und sich am Schluss engagiert zu Wort meldete.

"Was soll dabei rauskommen?" fragte Moderator Stefan Siller einleitend. "Es geht um eine Aufwertung des öffentlichen Raums", erläuterte Annette Loers, die Geschäftsführerin des Merlin, das sich als Anlaufstelle für die Initiativen im Quartier versteht. Loers ist so etwas wie die gute Seele des Viertels. Ihr zur Seite Baubürgermeister Peter Pätzold und die IBA-Projektleiterin Raquel Jaureguízar sowie Architekt Martin Schick, den Siller eigentlich für den wichtigsten hielt: ein Anwohner, der sich auch kritisch äußert. "Der Schick ist neutral", hielten ihm manche vor, schränkte der Architekt selbst ein. Gemeint war: Er will nicht das Sprachrohr der Unzufriedenen sein. Aber deren Stimmen zu hören, hält er für wichtig.

Zu denen, die sich aufregen, gehört ein Kioskbesitzer, den Siller aufgesucht hat. Ihm wurde eine hölzerne Sitzecke vor den Laden gesetzt, über die er sich ja auch hätte freuen können. Aber er wurde nicht gefragt. "Sie kriegen die Prügel ab", wandte sich Siller an den Baubürgermeister. Der blieb gelassen: "Das gehört zu meiner Jobbeschreibung." Er verwies auf den Shared Space in der Tübinger Straße: Dort hätten Einzelhändler ebenfalls so getan, als gehe die Welt zugrunde. "Das Gegenteil war der Fall", konstatierte Pätzold: Ihre Umsätze stiegen. Sein Dank galt der Superblock-Initiative: "Die Leute müssen es selbst wollen."

Raquel Jaureguízar wollte sich auf Diskussionen, was vielleicht auch in Barcelona, wo das Konzept der Superblocks entwickelt und zuerst umgesetzt wurde, nicht ganz optimal gelaufen sei, gar nicht einlassen. Sie wollte nicht über schwäbische Bedenken, über Verluste, Verzichte und Verbote reden, stattdessen den Bürgerinnen und Bürgern sagen, dass hier "Großartiges" entsteht. Nach dem Motto: Think big. In Barcelona sei es um eine Strategie für die ganze Stadt gegangen. "Wir reden von Klimazielen", erinnerte die Architektin an den Ausgangspunkt des Projekts: "Die Zukunft freut sich auf diese Lösungen."



Uff, gerade ist wirklich nicht die beste Zeit, um Augen zu haben: Kaum einen Schritt aus dem Haus brennen sich massenweise CDU-Wahlplakate auf die eh schon pollengestressten Glotzbebbel. "Integration hat Grenzen. Zuwanderung steuern & ordnen" hier, "Gesunder Menschenverstand statt Grün-Linker Bevormundung" da. "Stuttgart, lass dir das Auto nicht verbieten!" überall. Jesses! Dass gefühlt bislang wenig AfD-Plakate zu den anstehenden Kommunalwahlen in Stuttgart hängen, fällt überhaupt nicht auf. Längst hat die CDU bundesweit die Parolen der Rechtsextremen übernommen und schreibt sie sich jetzt auch selbstbewusst auf die lokalen Fahnen. Das ist bekanntlich Trick 17 der deutschen "Brandmauer gegen rechts": Rechtsextreme bekämpfen, indem Parteien ihre Parolen übernehmen. Super Idee. Fast so genial, wie Rechtsextreme zu "entzaubern", indem man ihnen stundenlange Sprechzeiten im Fernsehen einräumt oder sie inklusive Covershooting für Springer-Medien interviewt. Genial. Vielleicht kommen Markus Lanz oder Richard David Precht ja noch darauf, dass man Rechtsextreme loswird, indem man ihnen Regierungsbeteiligung gibt. Die CDU hat das Game gegen rechts jedenfalls ausgedribbelt und auch in Stuttgart dafür gesorgt, dass die AfD überhaupt keine Plakate mehr aufzuhängen braucht.


Nach Veröffentlichung im Brandenburger Amtsblatt kann der Radikalenerlass ab September nach über 52 Jahren wieder fröhliche Urständ feiern – und dies in verschärfter Form als Gesetz. Die SPD/CDU/Grüne-Koalitionsmehrheit in Brandenburg hat die großen Demonstrationen gegen rechts in diesem Frühjahr für ihre Zwecke genutzt: Nach fünf Jahren Anlauf ließ sie, passend zum bevorstehenden 75. Jahrestag des Grundgesetzes am 22. Mai, am 26. April 2024 einen sogenannten "Verfassungstreue-Check" für Beamtinnen und Beamte endgültig verabschieden.

Zuvor hatte die Koalition von CDU/Grüne/SPD in Sachsen am 20. März ein "Gesetz zur Verfassungstreue" durch den Landtag gebracht. Dort erfolgt jetzt bei Einstellungen in den Polizei- und Justizvollzugsdienst eine Prüfung per "Regelabfrage beim Verfassungsschutz", ob die Betreffenden "auf dem Boden der Verfassung stehen".



Frau Cervantes, Sie schreiben über Verstrickungen von Politik und organisierter Kriminalität, über Korruption, über in Auftrag gegebene Morde an Kolleg:innen. Ist Ihr Todeswunsch denn so sehr ausgeprägt?

Ich habe tatsächlich überhaupt kein Verlangen danach zu sterben. Ich möchte leben, sogar gesund alt werden. Der Punkt ist: Journalismus in Mexiko ist unglaublich stressig. Das Stresshormon Cortisol ist ständig erhöht, das führt zu einer ganzen Reihe an Krankheiten. Aber es ist auch so: Mexiko ist ein sehr diverses Land. Als ich vor knapp 30 Jahren nach Mexiko-Stadt kam, interessierte weder die Politiker noch die Leser der Zeitungen, was in den Bundesstaaten passierte. Das führte dazu, dass sich in den Staaten das cacicazgo [Kazikentum] herausbilden konnten. Der Kazike ist eine Person, die sehr viel Macht konzentriert, nicht unbedingt Teil des politischen Spektrums, aber es dennoch dominiert. Er ist die Person, die wirklich die Macht besitzt. Alles konzentrierte sich auf die Hauptstadt, denn nur dort gab es Arbeit für Journalisten.



Nein, diesmal kein schräger Humor, keine Glosse im Glück, kein gutes Wetter, kein schöner Land in dieser Zeit. Es geht um's Grundsätzliche, um's Zusammenleben, um's Gemeinsame, um's Künftige, um das wir uns mehr kümmern müssen, ums Grundgesetzliche.#Grundgesetz #Grohmann #WetternderWoche


Zwei Klagen, sieben unzufriedene Bürgermeister, wütende Bürger:innen und ein Verkehrsministerium, das zwar Kompensationen anbietet, aber keine befriedigende Lösung: Das ist der Zwischenstand bei der Gäubahn, die 2026 vom Stuttgarter Hauptbahnhof gekappt werden soll.


Kontext-Wetterer Peter Grohmann zur Aktion "Jetzt schlägt's 13" – 75 Jahre nach Verkündung des Grundgesetzes, am 23. Mai 2024 um 13 Uhr: Zeichen setzen!


Es gibt zwei Fassungen des Spielfilms "Mädchen in Uniform" über ein elitäres Mädcheninternat. Eine aus dem Jahr 1931, eine zweite von 1958 mit Romy Schneider in der Hauptrolle. Der Film wird oft genannt als wichtiges Schlüsselmoment von älteren frauenliebenden Frauen. Denn sie wuchsen noch in Zeiten auf, in denen es keine Worte gab für die eigenen Gefühle, geschweige denn Vorbilder in der Öffentlichkeit. Und weil diese Frauen von damals kaum Zeugnisse hinterlassen haben, weiß man heute so wenig über ihr Leben.

Doch zumindest für Baden-Württemberg ändert sich das gerade mit einem großangelegten Forschungsprojekt, das in dieser Form deutschlandweit einzigartig ist. In einer ersten Phase des Projekts hat der dafür zuständige Forschungsverbund der Universitäten Heidelberg und Freiburg lesbische Lebenswelten in den Jahren 1920 bis 1950 untersucht. In einer zweiten Phase dehnen die Forschenden den Zeitraum nun bis in die 1980er-Jahre aus.

Das Projekt ist in drei Teilprojekte unterteilt und die Erkenntnisse wollen Muriel Lorenz, Elena Mayeres und Steff Kunz in drei Doktorarbeiten zusammentragen. Zum einen zu Akteurinnen, Netzwerken und Kommunikationsräumen. Aber auch zur Frage, wie gesellschaftliche Debatten und Gesetze queer-lesbisches Leben normiert haben. Und wie die medizinisch-psychiatrische-wissenschaftliche Perspektive auf lesbische Frauen aussah und auf sie einwirkte.

Der Nationalsozialismus als Bruch und Zäsur


In der ersten Projektphase wurde die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus untersucht. Während des NS gab es in Deutschland keine Gesetze, die lesbische Frauen aktiv verfolgt haben – im Gegensatz zu schwulen Männern. Trotzdem waren sie zahlreichen Repressionen ausgesetzt. Frauenliebende Frauen wurden aufgrund ihrer jüdischen Herkunft, als Sintezza oder Romnja, als Asoziale oder als Menschen mit Behinderung verfolgt und ermordet. Dass sie juristisch nicht verfolgt wurden, lag nur daran, dass sie als Frauen ohnehin einen so engen Handlungsspielraum besaßen, dass es die Mehrheit der Rechtsgelehrten als nicht notwendig befand, ihre Rechte noch weiter einzuschränken.



Das Handtuch zwischen Ralf Kusterer und der CDU ist längst zerschnitten. Im Zuge der Koalitionsverhandlungen 2021 und der vielen Zugeständnisse der Christdemokrat:innen an die Grünen hatte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) laute Klagen angestimmt: wie "Werte auf dem Schmuddeltisch preisgegeben und verraten werden", wie "Spitzenkandidat(inn)en noch am Wahlabend kaltgestellt" würden, dass man "nur Ekel empfinden" könne und dass auf eine Art und Weise um die Gunst der Regierungsbeteiligung gebuhlt werde, "wie Prostituierte auf dem Straßenstrich". Auslöser waren unter anderem die Kennzeichnungspflicht für Polizist:innen und das Antidiskriminierungsgesetz. In der Verbandszeitung schrieb sich Kusterer den Frust von der Seele: "Diese Eindrücke bleiben, sie bleiben wie der abgestandene Geruch im durchlebten Prostitutionswohnmobil, an dessen Durchsuchung man sich noch Jahrzehnte erinnert."

Zum Wochenbeginn war der Erste Polizeihauptkommissar Zeuge im Untersuchungsausschuss "IdP & Beförderungspraxis". Im Plenarsaal des Stuttgarter Landtags ging es bei der 25. Sitzung allerdings vergleichsweise weichgespült zu. Jede Menge Eindrücke hatten die Zeugen dennoch im Gepäck. Etwa dazu, dass es bei Baden-Württembergs Polizei zwar eine Dienstvereinbarung zum Thema Alkohol gibt, dass die "aber nicht gelebt werde in Teilen der Führung" – unter anderem ausweislich der diversen Vorfälle, die rund um Andreas Renner, den früheren Inspekteur der Polizei (IdP), publik geworden waren. Oder zu den Reaktionen auf das Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Renner – den Verdacht auf sexuelle Nötigung, von dem er mittlerweile freigesprochen wurde: "Jedes mittelständische Unternehmen hätte sofort Untersuchungen mit externen Beratern und Compliance-Anwälten aufgenommen", meinte Kusterer. Nicht so die Spitze im Innenministerium Baden-Württemberg, "und das schadet unserer Polizei".

Die Renner-Affäre interessiert beim Grillfest



Kommende Woche Dienstag steht Kontext in Hamburg vor Gericht. Grund dafür ist unsere Berichterstattung über Andreas Renner, gegen den bis zu seinem rechtskräftigen Freispruch aus Mangel an Beweisen vor wenigen Tagen wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung einer Kommissarin ein Verfahren lief. Unsere Kolumnistin Elena Wolf hatte den ehemaligen Inspekteur der Polizei Baden-Württemberg mit dem Begriff bedacht, der ein Geschlechtsteil mit seinem Beruf koppelt. Denn unbestritten ließ der ehemals ranghöchste Vollzugspolizist in Baden-Württemberg zu, dass sich die Hand einer Polizistin auf seinem Geschlechtsteil fand – während des Urinierens zu später Stunde und alkoholisiert. Kein Wunder also, dass die "Bild"-Zeitung so titulierte. Wir fanden die knackige Wortschöpfung zwar nicht hübsch, aber passend und zur Weiterverwendung geeignet. Zumal der Strafprozess gegen Renner die Frage thematisierte: Hat die Kommissarin, die Karriere machen wollte, vor der Kneipe The Corner in Stuttgart Bad Cannstatt ihre Hand freiwillig auf das Geschlechtsteil von Andreas Renner gelegt, während der draußen pinkelte, oder wurde sie dazu genötigt?

Das Gericht konnte, so steht es im Urteil, nicht aufklären, was genau vor der Kneipe geschehen war. Auch weil sich Andreas Renner während des Prozesses nicht zur Sache äußern wollte. Dafür saß er Ende 2023 mit seiner Anwältin Ricarda Lang in deren Büro und empfing dort eine freie Journalistin und den Chefredakteur von "Zeit Verbrechen", einem True-Crime-Angebot des "Zeit"-Verlags, und sprach, so meldet das Magazin, "exklusiv" mit den Autor:innen. "Renner ist groß, selbst wenn er sitzt", schrieben die Ende 2023. "Graue Kurzhaarfrisur, grauer Dreitagebart. Den hat er sich neuerdings stehen lassen, obwohl er nie ein Bart-Mensch war, wie er sagt. Aber die Blicke, die ihn auf den Straßen Stuttgarts ständig treffen, diese Ach-ist-das-nicht-der-xxxxx-xxxxxxxx (hier den Begriff einsetzen, den die "Zeit" verwenden darf,Kontext aber nicht)-Blicke." Insgesamt vier Mal kommt der uns verbotene Begriff im "Zeit"-Artikel vor, mehrere Stunden lang stand die Wortschöpfung sogar im Titel auf "Zeit-Online", bis er letztlich geändert wurde.

Hund und Haushalt


Die beiden Autor:innen gehen sehr verständig mit diesem Mann um, der sich nicht nur einmal in seiner herausgehobenen Stellung als Bindeglied zwischen Polizei und Innenministerium Frauen gegenüber ziemlich unwürdig verhalten hat. "Zeit-Verbrechen" schreibt: "Bei einer Freiheitsstrafe ab einem Jahr würde er seine Beamtenrechte unwiederbringlich verlieren. Seine gesamten Pensionsansprüche. Seine ohnehin schon zerstörte Karriere würde einfach ausradiert." Oder auch: "Renner ist hilflos, man sieht es ihm an. Über Jahrzehnte hat er zehn Stunden und mehr pro Tag in den Job investiert, jetzt macht seine Frau Karriere. Auch sie ist Polizistin. Und er macht den Haushalt, führt den Hund aus, geht einkaufen." Während die Stadt diskutiert, dass der Mann, von dem man als Spitzenpolizist eigentlich Integrität erwarten dürfte, so integer doch nicht war und trotzdem seit Beginn des Verfahrens mit rund 8.500 Euro monatlich beinahe volle Bezüge erhält. Kein schlechter Sold für Einkaufen und Hund ausführen. "Zeit-Verbrechen" aber fragt: "Wo soll man das Geld schon ausgeben, wenn man nirgends mehr hingehen kann?"

Die Stelle des IdP ist mittlerweile durch den Innenminister gestrichen worden, zudem wird eine Stabsstelle eingesetzt für moderne Werte- und Führungskultur. Denn wie Renner überhaupt in so rasanter Geschwindigkeit auf diesen Posten kam, wird derzeit noch im Untersuchungsausschuss des Landtags überprüft.

Renner ist, wie gesagt, mittlerweile freigesprochen vom Verdacht der sexuellen Nötigung – aus Mangel an Beweisen. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage hatten daraufhin Revision eingelegt, in der es um Verfahrensfehler ging. Zuständig war der Bundesgerichtshof, der vergangene Woche nichts zu beanstanden hatte. Der Freispruch vom Verdacht der sexuellen Nötigung ist damit final. Renner dräut allerdings noch ein Disziplinarverfahren, zudem wird wegen Bestechlichkeit gegen ihn ermittelt, weil er in einem Skype-Telefonat in Aussicht gestellt hatte, Gefälligkeiten könnten der Kommissarin beim Aufstieg auf der Karriereleiter helfen.

Renner gegen Medien


Nach dem erstinstanzlichen Freispruch vor dem Landgericht Stuttgart im Dezember vergangenen Jahres hat Renner eilig begonnen, die Spuren des Verfahrens zu tilgen und ist gegen Presseorgane vorgegangen, die aus dem öffentlichen Verfahren berichtet hatten. Gegen Kontext, gegen "Bild", gegen die taz, auch beim "Spiegel" hat Renner es versucht. Gegen Kontext gehen er und seine Frau derzeit juristisch vor wegen der Verwendung des erwähnten Begriffs, den das Ehepaar uns per einstweiliger Verfügung hat verbieten lassen. Wir haben gegen die Verfügung des Landgerichts Hamburg Einspruch eingelegt. Allerdings mochte das Gericht unserer Argumentation nicht folgen. Der Begriff transportiere nicht die Kritik daran, dass Renner seine berufliche Stellung eventuell mit Sexuellem vermischt habe, heißt es. Wir haben dem vehement widersprochen. Das Gericht hat die einstweilige Verfügung nach einer Online-Verhandlung im Dezember 2023 allerdings aufrechterhalten. "Dies beruht darauf, dass die Bezeichnung des Antragstellers als [der uns verbotene Begriff] nicht in wertender Weise an den fraglos diskussionswürdigen Bestand der Beziehung als solcher anknüpft, sondern in grob abwertender Weise Bezug nimmt auf die Einzelheiten des intimen Austausches des Antragstellers mit den beiden Polizistinnen." Gemeint ist damit auch eine Polizistin, die explizite Bilder von Renner zugeschickt bekommen hat.

Intimer Austausch, auch wenn der "fraglos diskussionswürdig" ist und bei "Zeit Verbrechen" auch dargestellt wird, unterliegt bei Einvernehmen der Intimsphäre, die so geschützt ist, dass nicht darüber geschrieben werden darf. Weiter formuliert das Gericht: "Ein anerkennenswertes öffentliches Interesse an den intimen Einzelheiten einer Beziehung besteht allerdings nicht, und zwar auch dann nicht, wenn das Bestehen der Beziehung als solcher durchaus diskussionswürdig ist."

Wir finden, ein solches Verhalten des höchsten Polizisten eines Landes ist nicht nur diskussionswürdig, es ist sogar zwingend zu diskutieren.

Seit 2018 gegen einen Neonazi


Auch unser zweiter juristischer Fall, mittlerweile redaktionsintern liebevoll "Evergreen" genannt, wird uns in den kommenden Wochen erneut beschäftigen. Am 8. Mai, passenderweise dem "Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus" oder auch dem "Tag der Niederlage" für die nazistische Gegenseite, sind wir am Oberlandesgericht Frankfurt.

Es geht um die Veröffentlichung von Facebook-Chats, die unserer Redaktion zugespielt wurden. Im Frühjahr 2018 haben wir Auszüge daraus veröffentlicht. Damals entflammte gerade die Diskussion, wie rechtsradikal die AfD eigentlich ist. Wir haben Teile der Chats veröffentlicht, weil wir zeigen wollten, wie Mitarbeitende dieser Partei ticken, wenn sie nicht in der Öffentlichkeit stehen: menschenfeindlich, rassistisch, hasserfüllt.

Es wird unser vierter Besuch bei Gericht sein, seit der ehemalige Mitarbeiter von zwei ehemaligen baden-württembergischen AfD-Landtagsabgeordneten eine Unterlassungsklage gegen uns anstrengte. Landgericht Mannheim, Oberlandesgericht Karlsruhe, Landgericht Frankfurt – einmal mochte das Gericht uns nicht folgen, bei den anderen beiden Gerichtsterminen haben uns die jeweiligen Pressekammern auf seitenlangen Urteilen vollumfänglich Recht gegeben.

Mittlerweile, sechs Jahre später, sind große Teile der AfD vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Und wir stehen immer noch vor Gericht. Vor allem, weil die Gegenseite steif und fest behauptet, die von uns zitierten Chat-Aussagen seien manipuliert worden. Sind sie nicht. Der ehemalige Mitarbeiter hat auch keinen Gegenbeweis, denn er kann seine Version der vermeintlich echten Chats nicht mehr gegen unsere legen: Die hat er gelöscht. Auch die Chatpartner und vom Landgericht Frankfurt geladenen Zeugen Philipp Stein vom rechtsextremen Kampagnen-Verein "Ein Prozent", Torben Braga, AfD-Landessprecher in Thüringen, und der rechte Anwalt Matthias Brauer konnten nicht weiterhelfen: Die meisten relevanten Begebenheiten waren ihnen vor Gericht entfallen, ihre Facebook-Profile und -Chats sind ebenfalls gelöscht oder sonst wie verloren gegangen.

Wir sind gespannt, wie der Termin in Frankfurt am Main ausgeht, und halten Sie auf dem Laufenden.



Fabian Kienert, Journalist von Radio Dreyeckland, droht eine Haftstrafe, weil er in einem Artikel das Archiv einer verbotenen Vereinigung verlinkt hat.


Sie sehe nicht ein, warum der Konflikt eines so fernen Landes hier ausgetragen werde. "Das hat mit Deutschland nichts zu tun", schließt die Richterin des Amtsgerichts Bad-Cannstatt Ende Februar die Verhandlung gegen Merhawi B., einen eritreischen Staatsbürger. Verhandelt wird aus Platz- und Sicherheitsgründen in Stuttgart Stammheim. Dem jungen Mann wird vorgeworfen, bei Ausschreitungen am Stuttgarter Römerkastell im September 2023 den Betonfuß eines Bauzauns in Richtung der Polizei geworfen zu haben.

Aster Ghidey sitzt als Zuschauerin im Gerichtssaal, als das Urteil fällt. Drei Jahre und neun Monate Freiheitsstrafe. Sie kann kaum schlucken. Wenige Wochen später am Küchentisch der Kontext-Redaktion sind ihre großen dunklen Augen wieder tränenunterlaufen. Es sind Tränen der Wut, der Angst. "Was setzt dieses Urteil für ein Zeichen?"

Auch sie war im September am Römerkastell vor Ort und demonstrierte gegen ein sogenanntes Seminar, das vom Dachverband der eritreischen Vereine organisiert wurde. Solche Veranstaltungen gelten als langer Arm der Diktatur. Dort gesammelte Spenden fließen direkt in die Kasse von Staatspräsident Isayas Afewerki, der das Land im Osten Afrikas seit der Unabhängigkeit von Äthiopien im Jahr 1993 autokratisch regiert: ohne Verfassung, Rechtsstaat und bürgerliche Grundrechte.



Im Dezember 1948 ging Emil Hessenthaler in Marseille an Bord eines Schiffes, das ihn nach Israel brachte. Der 34-Jährige, geboren 1914 in Stuttgart-Feuerbach, hatte sich unter die überlebenden Jüdinnen und Juden gemischt, die den Terror der Nazis in Europa überstanden hatten und in Israel ein neues Leben beginnen wollten. Viele von ihnen hatten alles verloren und daher keine Papiere – wie auch Hessenthaler. Und so ersann er eine Geschichte, die es ihm ermöglichte, seinen alten Namen zu tragen und sich doch als ein anderer auszugeben.


Schwäbisch Gmünd, April 2024: An diesem Sonntagvormittag muss die Parteivorsitzende eine Schalte mit der SPD-Spitze organisieren, es sind schlimme Zeiten. Zeiten, in denen jedes Wort offenbar auf die Goldwaage gelegt werden muss, stets in der Sorge, dass ein Wort, ein Halbsatz für eine Schlagzeile herhalten muss. Es ist aber auch die Angst davor, den Ton des Mainstreams zu verfehlen und dafür brutal abgestraft zu werden. So treffen klar formulierte Fragen auf blutleere Antworten.

Frau Esken, Krieg und Frieden bestimmen die öffentliche Debatte. Und ich frage mich, was ist los in Deutschland, wenn als Lumpenpazifist gilt, wer nach Verständigung und Diplomatie ruft und die Ostermarschierer als realitätsferne Idioten beschimpft werden?

Mir ist die Debatte in Deutschland bei diesem Thema derzeit zu eindimensional. Für die SPD ist klar:Es muss neben der Herstellung der Wehrhaftigkeit, um das Land und das Bündnis zu verteidigen, auch um die Stärkung der Diplomatie gehen. Beispielsweise unterstützen wir die Ukraine so lange militärisch, finanziell und humanitär, wie es notwendig ist, und gleichzeitig müssen alle diplomatischen Kanäle offengehalten werden. Es gibt im Übrigen eine Person, die diesen Krieg und damit das Leid so vieler Menschen sofort beenden könnte, und das ist Putin.

Was ist los in einer Gesellschaft, in der der Papst mahnt, die Ukraine sollte den Mut haben, eine "weiße Fahne" zu hissen und ein Ende des Krieges mit Russland auszuhandeln, und man fällt über ihn her, als hätte er für die Todesstrafe plädiert?

Die Ukraine verteidigt nicht nur ihr Land mit großem Mut, sondern auch unsere westlichen Werte und nicht zuletzt die Demokratie gegen einen autokratischen Herrscher, der unsere Freiheit und unsere offene Gesellschaft verachtet. Einen Diktatfrieden Russlands darf es nicht geben.

Die Schriftstellerin Eva Menasse kritisiert den Bekenntniszwang, der zu Duckmäuserei und einem Zerfall der Öffentlichkeit führt.

Bei dieser Debatte geht es auch um die sozialen Medien und die Strukturen, wie Medien, auch die klassischen, heute aufgenommen werden. Aussagen werden teilweise verkürzt und zugespitzt. Das führt zu Missverständnissen und zur Verkürzung der Argumentation. Das ist das Problem der Medienöffentlichkeit.

Also traut sich kaum jemand mehr aus der Deckung?

Ich nehme für mich durchaus in Anspruch, die Dinge so klar wie möglich darzustellen.

Sie haben die Verkürzung der Argumentation angesprochen. Wenn von Anton Hofreiter bis Marie-Agnes Strack-Zimmermann ein "Deutschland-muss-wieder-kriegstüchtig-Geschrei" angestimmt wird, dann wird’s doch eindimensional.

Ich sage ja nicht, dass die Verkürzung nur eine Sache der Medien ist. Natürlich nutzen das alle, die Aufmerksamkeit für sich erreichen wollen. Das funktioniert mit provozierenden Aussagen, was an sich nicht verwerflich ist. Aber es kann in diesen schwierigen internationalen Zeiten zu einer Verschärfung der Debatte führen, die das Thema Krieg und Frieden überhaupt nicht verträgt, noch dazu aus den Reihen der Regierungskoalition. Deshalb bin ich froh, dass der Kanzler seinen Kurs der klaren Unterstützung der Ukraine fährt, sich international abstimmt und gleichzeitig darauf achtet, dass Deutschland nicht Kriegspartei wird.

Politiker:innen, die laut schreien, bestimmen aber die öffentliche Debatte. Das führt dazu, dass die Bürger:innen besser über Taurus, Leopard und Kampfjets informiert sind als über Friedensüberlegungen und Gedanken zu einem Ende des Ukrainekriegs. Wie wollen Sie das durchbrechen?

Die Ukrainer:innen wünschen sich sicher noch mehr als viele Deutsche endlich Frieden. Aber es darf in Europa nicht passieren, dass Grenzen militärisch verschoben werden, das ist eine Erkenntnis, die wir im Zweiten Weltkrieg gewonnen haben. Wer die Schlussakte von Helsinki mit Füßen tritt, muss mit Widerstand rechnen.



Peter Pätzold, Raquel Jaureguízar und Annette Loers sprechen bei der 2. Veranstaltung von "Kontext im Merlin" über den Superblock im Stuttgarter Westen.


Kritiker befürchten wegen der Krankenhausreform von Gesundheitsminister Lauterbach eine schlechtere Gesundheitsversorgung und höhere Krankenkassenbeträge.


Kontext muss vor Gericht wegen Grauf und wegen Andreas Renner. Auch Fabian Kienert von Radio Dreyeckland steht vor dem Richter. Jürgen Stamm ist gestorben.


Der Glastrakt des Württembergischen Kunstvereins (WKV) hat sich in ein Spielcasino verwandelt. Aber bitte: gediegene Abendunterhaltung, keine einarmigen Banditen. Spiegelfolien und Tücher mit großformatigen Figuren, die Spiel und Glück versinnbildlichen, hängen vor den Scheiben, mit groben Pinselstrichen gezeichnet von Ulrike Theusner aus Frankfurt an der Oder. Analog gestaltet sind die Flaschen auf der Bar, eine Discokugel hängt von der Decke und noch erklingt Ragtime vom Band. Bis der Spieleabend beginnt.


Es war in diesem April, der wie ein verseuchter Hochsommer über die Stadt hergefallen war. Auf meinem Spaziergang vom Westen nach Nirgendwo landete ich auf dem Totenacker der Denker, Stuttgarts ältestem Gebeinsgarten, wie wir alten Hasen im Six-feet-under-Gewerbe sagen. Auf dem Hoppenlaufriedhof liegen Größen wie Christian Friedrich Daniel Schubart und Wilhelm Hauff. Verwest, aber unvergessen.

Keine Frage, der Geist von Stuttgart modert längst im Sarg. Wer ihn mangels lebender Hirne ausbuddeln möchte, dem sei das Buch "Die Gräber der Dichter" von Waltraud und Friedrich Pfäfflin empfohlen; dieses umfassende Werk über den Hoppenlaufriedhof ist 2013 in der Edition Vincent Klink erschienen.

Wie gesagt, ich war rein zufällig auf dem Sammelplatz der alten Knochen, und angesichts etlicher Grabkreuze mit der lustigen Botschaft "Auf Wiedersehen" hatte ich keinerlei Bedenken, mich rasch wieder vom Acker zu machen.

Beim Besuch eines Friedhofs musst du dich nicht zwingend mit dem kompletten Untergrund-Personal beschäftigen, um seine Bedeutung zu erkennen. Im Lärm und Dreck der Stadt sind Kirchhöfe heute unersetzliche Pausenhöfe. Nicht nur an Hochsommertagen im April dienen sie uns als lebensrettende Hitzeinseln. Im Klimawandel werden Friedhöfe immer wichtiger auf unserer überschaubaren Strecke bis zur Gruft. Man darf ihre sozialpolitische Relevanz nicht unterschätzen.

Stuttgarts Gehsteige gaukeln Überlebenschancen vor


Im erwähnten Buch der Pfäfflins wird der Schriftsteller und Satiriker Carl Julius Weber aus Hohenlohe zitiert: Wolle man eine Stadt kennenlernen, müsse man ihre Friedhöfe besuchen. In ihren steinernen Monumenten bildeten sich "die gesellschaftlichen Verhältnisse über Generationen ab ...". Die Beurteilung der aktuellen Zustände spare ich mir hier, bevor es Mord und Totschlag gibt.

Beim Spazierengehen in Stuttgarts sogenannter Innenstadt fühle ich mich inzwischen dem Tod näher als auf jedem Totenacker (sofern dort nicht gerade eine nächtliche Nachwuchsparty gefeiert wird). Viele Gehsteige sind so eng, als hätte man sie nur angelegt, um uns Fußgängern eine Überlebenschance vorzutäuschen, ohne den SUV-Verkehr zu stören. Viele Trottoirs, die Catwalks potenzieller Straßenopfer, sind ständig zugestellt. Mit Autos, E-Bikes und anderem Gerümpel. Ohne Gespür für urbane Offenheit, ohne Rücksicht auf das aufrecht gehende Tier namens Mensch wurde bei uns eine Stadt zusammengeschustert, die ihren Wohlstandssegen vor allem darin sah, allen Eingeborenen mindestens eine Karre aus heimischer Produktion anzudrehen. Anscheinend hat man lange geglaubt, die Profite mit diesen Dingern würden auf heimischen Stadtautobahnen und Parkplätzen gemacht. China lacht sich tot und gedeiht prächtig.

Wenn die global geschulten Fraktionen unserer Rathäusler ihre Provinz in der Vergangenheit mal verließen und in richtigen Städten aufkreuzten, entdeckten sie nicht etwa die urbanen Adern, die Weit- und Weltläufigkeit ihrer neuen Umgebung. Vielmehr blieben sie an irgendeiner Sehenswürdigkeit kleben, die sich so schmerzhaft in ihren Komplex-Kopf einbrannte, dass sie nach ihrer Rückkehr durch ganz Schuttgart brüllten: Wir müssen sofort einen Eiffelturm bauen. Oder eine Schlittschuhbahn. Jedenfalls irgendwas, was andere haben und wir nicht brauchen.

Einsteins Geist schwirrt durch die Stadt


Neulich war eine Gemeinderatsdelegation wieder mal in der österreichischen Hauptstadt, womöglich um die wohnungspolitischen Errungenschaften des Roten Wien zu erforschen. Was aber willst du heute machen im Kampf gegen die Wohnungsnot, wenn in deinem schwarz geprägten Kaff jeder Quadratmeter Grund und Boden längst verscherbelt wurde. Lieber tot als rot.

All diese Dinge halten mich nicht davon ab, meiner Herumgeherseele jenseits städtischer Hirntodeszonen freien Lauf zu lassen. Und so pilgere ich hinaus ins schöne Cannstatt, wo es in der Altstadt noch eine Bäckergasse, eine Tuchmachergasse und eine Gasse mit dem erregenden Namen Hagelschieß gibt.

Und auch diesmal kann ich nicht aus Cannstatts Winkeln zurückkehren, ohne im Schießhagel dieser Welt zu erwähnen, dass in der Badgasse 1858 Albert Einsteins Mutter Pauline Koch geboren wurde. Wäre ich ein Rathäusler, würde ich mit dieser hochbegabten Pauline weltweit angeben wie ein Sack Seife (keine Ahnung, woher dieser Spruch kommt). Aber die meisten sehen nicht, was sie vor ihrer Haustür haben, weil sie damit beschäftigt sind, sich anderswo an Dingen aufzugeilen, die sie selbst nicht haben. Zwar wurde Albert Einstein nach der Heirat seiner Mutter in Ulm geboren, aber ich kenne Abhörspezialisten, die Stein und Bein schwören, dass er zeit seines Lebens astreinen Cannstatter Dialekt gesprochen hat. Vor allem in seinen englischen Reden. Yes, we Cannstatt.

Immerhin wurde vor ein paar Jahren ein Schild mit dem Hinweis auf Einsteins Mutter an das Hotel One in der Badstraße geschraubt. Das kann ich nicht oft genug erzählen, weil ich immer wieder Leuten begegne, die zwar alles über Oppenheimers Atombombe, aber nichts über Einsteins Cannstatter Wurzeln wissen. Und es kann doch nicht sein, dass in diesem Stuttgart nicht noch irgendwo Einsteins Geist herumschwirrt. Wie viel davon, ist relativ. "Der Mensch erfand die Atombombe", hat er mal gesagt, "doch keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren." Er kannte noch nicht die Mäuseriche der Stuttgarter Bahnhofsbeerdigung.



Es war, als müsse der Adelsmann noch im Tod sein Land in Besitz nehmen. Sein Sarg liegt auf einer Lafette, bedeckt mit einem Tuch in den Hausfarben Schwarz-Gelb. Vier Pferde – Kaltblüter-Rappen – sind eingespannt. Sie durchschreiten noch einmal seine Allgäuer Heimat, bevor er am 12. Dezember 2015 auf Schloss Zeil seine letzte Ruhe findet. Das sei sein finaler Wunsch gewesen, heißt es. Fürst Georg von Waldburg zu Zeil und Trauchburg war gestorben, 87-jährig, als "Wohltäter für die Menschen", wie die "Schwäbische Zeitung" schrieb.


In der Augustenstraße im Stuttgarter Westen entsteht ein Superblock und Kontext lädt zur Diskussion im Merlin ein. Dabei ist Baubürgermeister Pätzold.


Im Dokumentationszentrum der Roma und Sinti in heidelberg stellen Beschäftigte ihrem Chef Romani Rose ein schlechtes Zeugnis für ein Klima der Angst aus.


Wie sollten Großprojekte am besten angegangen werden? Projekte, die das Gesicht von Städten, die ganze regionale Verkehrsinfrastrukturen umkrempeln können? Mit Bürgerbeteiligung, möglichst vielen gesellschaftlichen Akteure, ergebnisoffenen Entscheidungsprozessen, mit, wenn man denn Habermas zitieren will, deliberativen Verfahren? All das sollte es, so vor 30 Jahren die Devise, eben gerade nicht geben. Das war ja der Witz. "Die Art der Präsentation im April 1994 war ein überfallartiger Vorgang. Gegner und Skeptiker sind nicht im Stande gewesen, die Sache zu zerreden. Ein Musterbeispiel, wie man solche Großprojekte vorstellen muss", erinnerte sich Heinz Dürr, damals Chef der Deutschen Bahn AG, im Februar 1995 gegenüber den "Stuttgarter Nachrichten" an die Präsentation der Projektidee Stuttgart 21.

An besagtem "Überfall" beteiligt sind am 18. April 1994 neben Dürr der Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann, Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel, Landesverkehrsminister Hermann Schaufler und der Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel. Als "Jahrhundertchance" preisen die fünf Schwaben mit CDU-Parteibuch den Plan, den bestehenden Kopfbahnhof in einen um 90 Grad gedrehten, unterirdischen Durchgangsbahnhof zu verwandeln und über kilometerlange Tunnel eine schnellere Anbindung an den Flughafen und eine ebenfalls geplante Neubaustrecke nach Ulm zu schaffen. Auf den 120 Hektar Gleisfeld, die dadurch frei würden, werde ein neues Stadtviertel entstehen, der Verkauf dieser Grundstücke soll das Projekt finanzieren. Es koste die Stadt praktisch nichts, verspricht Rommel damals.



Der Schlüsselsatz geht unter in einem Schwall von Kritik. "Um Armut zu bekämpfen, brauchen Familien schlicht und einfach mehr Geld", erklärt Andreas Aust vom Paritätischen Gesamtverband im vergangenen November. Anlass: Die Bundestagsanhörung zum Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung aus dem Ministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend. Statt den manifestierten Ungerechtigkeiten gegenüber den Jüngsten der Gesellschaft auf den Grund zu gehen, werden Mängel bei der Umsetzung des im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung beschlossenen Vorhabens beklagt oder die fehlerhafte Automatisierung der Antragsverfahren. Dabei sind das Peanuts angesichts der Tatsache, dass mindestens zwei Millionen Familien mehr als bisher unterstützt werden müssen, um ihre Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe zu verbessern, um Dinge zu finanzieren, die in einem Leben ohne Armut selbstverständlich sind. Geburtstagsparty, neue Sommerschuhe, eine gesunde Ernährung.

Dazu müsste viel Geld umverteilt werden. Also geht es in einschlägigen Kreisen gar nicht mehr um eine ernsthafte Diskussion, wie der Einstieg in die Grundsicherung ab 1. Januar 2025 geschafft werden könnte. Es geht darum, die Pläne als Ganzes zu torpedieren. Für Hans-Ulrich Rülke, den FDP-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, gehört das "bürokratische" Vorhaben zu den "übertriebene Wohltaten". Der Generalsekretär der Liberalen Bijan Djir-Sarai beteuert zwar, der Armut entgegenwirken zu wollen, allerdings nicht durch mehr Umverteilung, sondern dadurch, dass arbeitslose Eltern eine Beschäftigung aufnehmen (müssen). Die Union will die neue Unterstützung ganz streichen. Der Wirtschaftsrat spricht sogar von einem "Sozialgeschenk", der Bundesvorsitzende und Hobbypilot Friedrich Merz prophezeit, dass "eben nicht mehr alles geht". Und Manuel Hagel, die Nummer eins der Baden-Württemberg-CDU, lastet der Berliner Ampelkoalition beharrlich an, mit solchen Plänen "Chaos und Unsicherheit" zu stiften.

Eine Einschätzung, der Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) selbst nach Meinung von Befürworter:innen eine Steilvorlage geliefert hat, durch ihren Verwirrung stiftenden Gesetzentwurf und die wenig professionelle Kommunikation. Zunächst musste die 55-Jährige wochenlang mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) über die Finanzierung ringen und erhebliche Abstriche hinnehmen. Dann offenbarte die Anhörung im Bundestag erhebliche Unsicherheiten unter Beteiligten zu Zahlen, Daten, Anträgen und den komplizierten Berechnungsmethoden, etwa rund um die neuen Familien-Servicestellen.

Familien bleiben arm, Anträge kompliziert


Bisher sind rund tausend Jobcenter für die Auszahlung von Hilfen zuständig, jedoch nur an Familien im Bürgergeld-Bezug und so an knapp zwei Millionen Kinder. Die Zahl der insgesamt Berechtigten liegt aber laut Bundesfamilienministerium bei 5,6 Millionen und damit auch deutlich über jenen 2,9 Millionen Unter-18-Jährigen, die in Statistiken häufig als armutsgefährdet angegeben werden. "Dabei handelt es sich jedoch nur um minderjährige Kinder", heißt es in einem Erklärtext des Ministeriums. Der geplante Kinderzusatzbetrag richte sich aber auch an Kindergeldberechtigte zwischen 18 und 24 Jahren, die bei ihren Eltern leben. Hinzu kämen Kinder aus Familien mit sehr geringen Einkommen.



Die Brandmauer gegen die AfD hält nicht. Auf lokaler Ebene kooperieren bürgerliche Parteien zumindest in Ostdeutschland teilweise flächendeckend mit ihr.


Die Wilhelm-Raabe-Straße 4 in Stuttgart steht noch immer leer. Nun, nach sechs Jahren, will der Linke Luigi Pantisano nun die Stadt verklagen.


Thailand will den Stuttgarter AfDler Niels Foitzik ausweisen, dabei gibt es hier genügend Rechtsextreme. Der MDR hat Kontext-Chefin Anna Hunger interviewt.


Die "Preise von Wohnimmobilien fallen in Rekordtempo", berichtete die "Tagesschau" vergangenen Dezember. Ein Experte führt aus, dass eine Spekulationsblase geplatzt sei und nun der stärkste Preisrückgang seit über 20 Jahren zu beobachten sei. Wer zur Miete wohnt, profitiert von dieser Entwicklung allerdings nicht – im Gegenteil: In Großstädten haben die Mietpreise zum Jahresanfang ein neues Rekordniveau erreicht.

Insbesondere junge Menschen sind betroffen. Vom Eigenheim träumen viele gar nicht erst, nicht einmal eine Mietwohnung ist für sie finanzierbar. Selbst mit einem WG-Zimmer wird es immer kniffliger: So lagen die bundesweiten Durchschnittskosten für eine gemeinsam bewohnte Wohnung noch 2018 bei 372 Euro pro Person. Neue Zahlen für das Jahr 2023 kommen hingegen schon auf 479 Euro, wobei die Situation in begehrten Städten noch weitaus dramatischer ist. Unter den Top 10 der teuersten Wohnorte auf "WG gesucht" ist Baden-Württemberg mit Stuttgart, Konstanz und Freiburg gleich drei Mal vertreten – dicht gefolgt von Tübingen, Heidelberg, Ludwigsburg, Mannheim, Erlangen, Reutlingen, Heilbronn und Karlsruhe.



Wohin, wenn der Ernstfall eintritt? Der Russe als solcher kennt unsere intimsten Seiten und weiß sehr genau, dass bei uns die atombombensicheren Bunker Mangelware sind. Sie reichen gerade mal für die oberen Zehntausend …#Bunker #Pistorius #Lauterbach #Bungabunga #Benko #Grohmann #WetternderWoche #Satire #Kabarett


Was in Bochum, Osnabrück, Frankfurt, Konstanz und Mannheim ein kleines Zeichen der Menschlichkeit ist, wird in Stuttgart diskutiert, aufgebauscht, geprüft und am Ende doch wieder verworfen. So erging es einer Spende, die helfen sollte, Menschen vor ihrem Tod im Mittelmeer zu retten. Doch Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) stellte sich gegen die Mehrheit seines Gemeinderats, widersprach dem Beschluss und brachte die Rät:innen dazu, am vergangenen Montag den Beschluss fast einstimmig abzulehnen.


Holt die Grinder raus, macht die Weed-Bags auf: Das Gras ist frei! Seit erstem April dürfen alle ab 18 Jahren Joints quarzen, Bong heizen, Pfeife rauchen – ganz legal. Mit dem Gesetz, das am 22. März trotz großem Widerstand der Länder im Bundesrat gebilligt und am ersten April verabschiedet wurde, sollen Jahre der Stigmatisierung von Konsument:innen Geschichte sein. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht von einem "historischem Schritt", mit dem man endlich eine "gescheiterte Verbotspolitik" beendet habe, Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) betonte, dass perspektivisch "Polizei und Justiz entlastet" werden. So sollen in einem ersten Schritt das Mitführen, Konsumieren und Anbauen im Eigenheim legalisiert werden, im zweiten sieht das Gesetz "regionale Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten vor", diese sind aber noch in der Planung. Für erwachsene Kiffer:innen ist das Gesetz eine Erleichterung, in Berlin zelebrierte man das Inkrafttreten am ersten April mit einem großen Smoke-Happening vor dem Brandenburger Tor, in Hamburg wurden die Landungsbrücken eingeräuchert.


Kontext-Wetterer Peter Grohmann will ein Kommando Spezialkräfte Demokratie, Atom-Bunker für alle und keine einmarschierenden Russen, auch nicht in Bayern.